Menschen hielten sich in ihren Lebenswegen an verschiedenen Orten auf. Sie wechselten ihren Wohnort, weil sie ihrer Liebe folgten oder woanders eine neue Arbeit fanden.
Insbesondere, wenn ihr euch mit der Geschichte von aus politischen Gründen verfolgten oder gesellschaftlich ausgegrenzten Menschen beschäftigt, kann es vorkommen, dass eure Forschungen über die Landesgrenzen hinausgehen. Viele dieser Menschen verließen nicht freiwillig, sondern zwangsweise ihr Zuhause.
Während des Nationalsozialismus wurden sie aus ihrer Heimat vertrieben oder fern ihres Wohnortes in Lagern oder Gefängnissen eingesperrt. Viele Menschen verließen ihre Heimat in Deutschland und suchten in anderen Ländern Schutz im Exil.
Diese Orte können sich dann auch außerhalb Sachsens in anderen Bundesländern oder im heutigen Polen und Tschechien befinden. Gleichzeitig wurden während der NS-Diktatur Menschen aus Tschechien, Polen und vielen anderen Ländern wiederum gegen ihren Willen auf das Gebiet des heutigen Sachsens gebracht. Sie mussten Zwangsarbeit leisten oder wurden als Widerstandskämpfer*innen inhaftiert oder hingerichtet.
Deshalb können für eure Geschichtsprojekte auch Gedenkstätten und erinnerungskulturelle Einrichtungen außerhalb Sachsens relevant sein. Während der SED-Diktatur versuchten tausende Menschen aus der DDR zu fliehen. Viele wurden an der innerdeutschen Grenze oder der Berliner Mauer von DDRGrenzsoldaten erschossen, ertranken auf ihrer Flucht in der Ostsee oder wurden in Gefängnisse gesteckt. Diejenigen, die den Westen Deutschlands erreichten, begannen dort an verschiedenen Orten ein neues Leben in Freiheit.
Wenn ihr für eure Spurensuche Orte außerhalb Sachsens einbezieht, erweitert ihr euren Erfahrungshorizont und fördert euer Verständnis für die Geschichte und Kultur anderer Regionen. Nachbar- und Grenzregionen können viele spannende Ansätze für eure Geschichtsprojekte bieten. Viele sächsische Gedenkstätten sind deutschland- und europaweit vernetzt und arbeiten gemeinsam an der Aufarbeitung der Geschichte.
Wenn ihr Kontakt zu den Einrichtungen außerhalb Sachsens aufnehmt, könnt ihr ebenfalls von einer breiten Palette an Unterstützungsmöglichkeiten profitieren. Vielleicht gibt es dort eine Jugendgruppe, die sich ebenfalls mit einem Thema beschäftigt, das eurem Projekt ähnlich ist?
Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora (Thüringen)
Das Konzentrationslager Buchenwald war eines der größten in Deutschland. Im KZ Mittelbau-Dora waren Häftlinge unterbracht, die in einer unterirdischen Rüstungsfabrik Zwangsarbeit leisten mussten. Nach dem Zweiten Weltkrieg nutzte die sowjetische Besatzungsmacht das Lager Buchenwald, um nicht nur örtliche Nazi-Funktionsträger, sondern auch Jugendliche und Menschen, die keine Verantwortung im NS-System hatten, einzusperren. Es bestehen sehr viele Verbindungen in den Leidenswegen der Gefangenen zwischen Buchenwald und sächsischen Verfolgungsorten. Die beiden Gedenkstätten an den historischen Orten bieten umfangreiche Dauerausstellungen und viele Bildungsangebote, die die Geschichte der Lager und das Schicksal der Häftlinge vermitteln.
KZ-Gedenkstätte Flossenbürg (Bayern)
Die Gedenkstätte erinnert an das ehemalige Konzentrationslager Flossenbürg, das auch zahlreiche Verbindungen zu sächsischen Unrechtsorten aufweist. Vom KZ Flossenbürg aus wurde ein großes Netz an Außenlagern verwaltet, von denen viele im gesamten Gebiet des heutigen Sachsens lagen. Die Dauerausstellung in der Gedenkstätte beleuchtet die Geschichte des Lagers, der Außenlager und die Lebensbedingungen der Häftlinge.
Dokumentationszentrum Topographie des Terrors (Berlin)
Dieser Erinnerungsort befindet sich auf dem Gelände der ehemaligen Zentrale der nationalsozialistischen Schutzstaffel (SS). Die Ausstellungen des Dokumentationszentrums behandeln die Strukturen der NS-Terrorherrschaft in Deutschland und bieten Einblicke in die Verbrechen des Nazi-Regimes.
Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen (Berlin)
Die Gedenkstätte befindet sich auf dem Gelände der ehemaligen zentralen Untersuchungshaftanstalt der DDR-Staatssicherheit. Für das SED-Regime in der DDR hatte das Gefängnis eine wichtige Funktion in der Verfolgung von regimekritischen Personen und Oppositionellen. Sehr viele Menschen, die damals in den Gefängnissen auf dem Gebiet des heutigen Sachsens inhaftiert waren, wurden zuvor in Berlin-Hohenschönhausen eingesperrt und vom DDR-Geheimdienst wochenlang verhört. Die Gedenkstätte und ihre Ausstellungen dienen der Aufarbeitung der Geschichte dieses Gefängnisses. Von der Gedenkstätte könnt ihr vor allem Kontakte zu zahlreichen Zeitzeuginnen und Zeitzeugen erhalten.
Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn (Sachsen-Anhalt)
Die Gedenkstätte befindet sich auf dem Gelände des ehemaligen Grenzübergangs Helmstedt-Marienborn. Das war der größte innerdeutsche Grenzübergang. Er war eine zentrale Anlaufstelle für Menschen aus beiden deutschen Staaten. Zahlreiche Menschen aus der DDR versuchten in Fahrzeugen versteckt, diesen Übergang zu passieren, um die Freiheit im Westen zu erreichen. Viele von ihnen wurden nur wenige Meter vor ihrem Ziel entdeckt, festgenommen und in Gefängnissen wie Bautzen oder Hoheneck inhaftiert. Auch diejenigen, die ihnen als Fluchthelfer zur Seite standen, wurden verfolgt. In der Gedenkstätte könnt ihr viel dazu erfahren. In den Ausstellungen bekommt ihr Informationen über die politischen, sozialen und persönlichen Auswirkungen der Teilung Deutschlands.
Verband der Gedenkstätten in Deutschland
Der Verband vernetzt verschiedene Gedenkstätten in Deutschland miteinander, die sich für die Erinnerung und Aufarbeitung der nationalsozialistischen Verbrechen und der politischen Verfolgung in der DDR einsetzen. Der Verband hat zum Ziel, den Erfahrungsaustausch zwischen den Mitgliedseinrichtungen zu fördern und die Interessen der Gedenkstätten auf nationaler und internationaler Ebene zu vertreten. Dabei arbeitet er eng mit anderen Organisationen, staatlichen Stellen und Bildungseinrichtungen zusammen. Wenn ihr Informationen darüber sucht, wo sich in anderen Bundesländern Gedenkstätten befinden, kann euch der Verband Auskunft geben.
Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur
Die Bundesstiftung befasst sich mit der Aufarbeitung der Geschichte und Folgen der SED-Diktatur auf die Gesellschaft in der DDR, der deutschen Teilung und Wiedervereinigung. Sie fördert Forschungsprojekte, Ausstellungen, Publikationen und Veranstaltungen, die sich mit diesen Themenkomplexen auseinandersetzen. Die Bundesstiftung Aufarbeitung arbeitet eng mit anderen Gedenkstätten und Einrichtungen in ganz Deutschland zusammen. Sie kann eine wichtige Anlaufstelle sein, wenn ihr euch mit der Geschichte der DDR intensiver beschäftigen möchtet. Sie bietet umfangreiches Informationsmaterial und kann euch in der Vermittlung von Expertinnen und Experten mit Wissen über die SED-Diktatur unterstützen.
Gedenkstätte und Museum Auschwitz-Birkenau (Polen)
Dieses ehemalige Konzentrations- und Vernichtungslager ist das Symbol für den Holocaust. Es zählt zu den bekanntesten Zeugnissen der nationalsozialistischen Verbrechen. Die Gedenkstätte liegt in Oświęcim in Polen. Sie erstreckt sich über die gesamten historischen Orte des Stammlagers Auschwitz I und des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau. Auschwitz I war eines der größten Konzentrationslager. Hunderttausende Männer und Frauen waren dort und in Nebenlagern eingesperrt. Mehr als die Hälfte starb oder wurde ermordet. In Auschwitz-Birkenau war das größte nationalsozialistische Vernichtungslager. Mehr als eine Millionen Menschen wurden dort ermordet: Jüdinnen und Juden, Romnja und Sintizze, Homosexuelle und tausende aus rassistischen Gründen verfolgte Personen. In den riesigen Gedenkstättenarealen könnt ihr euch mehrere Ausstellungen zu der Geschichte der Lager, der Ermordung und Vernichtung der Menschen, die baulichen Überreste wie Lagerbaracken und Tötungskammern anschauen. Mehrere Gedenkbereiche erinnern an unterschiedliche Opfergruppen und die verschiedenen Herkünfte der dort einst Eingesperrten und Ermordeten. Die Gedenkstätte wird jährlich von mehr als zwei Millionen Menschen aus der ganzen Welt besucht. Wenn ihr euch intensiv mit Gedenkstätten, Erinnerungskultur und der Aufarbeitung der deutschen Gewaltverbrechen beschäftigen wollt, solltet ihr unbedingt diese Gedenkstätte besuchen.
Museum Groß-Rosen in Rogoźnica (Polen)
Das Konzentrationslager Groß-Rosen war zuerst ein Nebenlager des KZ Sachsenhausen. Der Ort Groß-Rosen liegt in Niederschlesien im heutigen Polen. Er wurde nach dem Zweiten Weltkrieg in Rogoźnica umbenannt. Die Häftlinge des KZ mussten schwere und gefährliche Arbeiten in einem Granitsteinbruch leisten. 1944 wurde das Lager stark vergrößert und rund 100 Nebenlager von ihm eingerichtet. Einige davon befanden sich in Städten und Gemeinden, die heute zu Ostsachsen gehören. Im Museum Groß- Rosen in Rogoźnica erfahrt ihr mehr zur Geschichte dieser Außenlager und der Menschen, die dort eingesperrt waren.
Europäisches Zentrum Erinnerung, Bildung, Kultur (Polen) / Meetingpoint Memory Messiaen (Sachsen)
Das Europäische Zentrum Erinnerung, Bildung, Kultur befindet sich auf dem Gelände des ehemaligen deutschen Kriegsgefangenenlagers Stalag VIII A bei Zgorzelec, der direkten Nachbarstadt von Görlitz. In dem Lager waren bis 1945 hauptsächlich Kriegsgefangene aus Polen, der Sowjetunion, Frankreich, Belgien und Italien inhaftiert. Viele von ihnen mussten in Außenlagern verschiedene Zwangsarbeiten verrichten. Unter den Häftlingen war der französische Komponist Olivier Messiaen. Er vollendete in dem Lager ein später sehr bekannt gewordenes musikalisches Werk. Der in Görlitz ansässige Verein Meetingpoint Memory Messiaen erinnert an die Geschichte des Lagers. Er kann euch Hinweise zu grenzübergreifenden Geschichtsprojekten, insbesondere in Verbindung mit künstlerischen Ausdrucksformen geben.
Gedenkstätte Theresienstadt (Tschechien)
Die Gedenkstätte erinnert an eines der berüchtigtsten Konzentrationslager. Es wurde im tschechischen Terezín von den Nationalsozialisten eingerichtet. Das KZ Theresienstadt diente vor allem als Durchgangslager für die von den Nazis dorthin deportierten Jüdinnen und Juden aus vielen Ländern Europas. Von dort aus wurden sie weiter nach Osten in die großen Vernichtungslager verbracht. Ungefähr 10.000 Kinder und Jugendliche bis 15 Jahre befanden sich im KZ Theresienstadt. Die heutige Gedenkstätte geht davon aus, dass nur 245 von ihnen die Befreiung des Lagers erlebten. Bei einem Gedenkstättenbesuch könnt ihr die Überreste des Lagers erkunden. Das Gedenkstättenteam kann euch Auskünfte zu Opfern geben, die womöglich mit eurer Region in Verbindung standen.
Gefängnis Pankrác (Tschechien)
Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde das Gefängnis Pankrác in Prag von den Nazis genutzt, um politische Gefangene, Widerstandskämpfer*innen und Menschen jüdischer Herkunft zu inhaftieren. Die Haftbedingungen waren extrem brutal, viele Häftlinge wurden gefoltert und misshandelt. Die Nazis richteten dort auch eine Hinrichtungsstätte ein. Mehr als 1.000 Menschen wurden dort ermordet. Heute erinnert eine Gedenkstätte mit Ausstellungen an die Zeit der deutschen Besatzung und deren Terror gegenüber der tschechischen Bevölkerung, aber auch den Widerstand, der von ihr geleistet wurde.