In der Erinnerungskultur geht es nicht nur darum, wie unsere Gesellschaft ihre Vergangenheit bewahrt und archiviert oder speichert. Sie meint vor allem die Prozesse, wie wir diese Geschichte interpretieren, diskutieren und öffentlich zugänglich machen.
Die Erforschung von Geschichte und schließlich die Präsentation dieser Forschungen durch Ausstellungen, Projekte, Berichte, Blogs, Bücher und Broschüren, Social-Media-Beiträge und viele andere Formen der historischen Darstellung sind wesentliche Elemente der Erinnerungskultur. Sie tragen dazu bei, das Verständnis für die Vergangenheit zu vertiefen sowie unsere Gegenwart und auch die Vorstellungen von der Zukunft unserer Gesellschaft mit der Vergangenheit in Verbindung zu setzen.
Das ist viel mehr, als einfach nur anzunehmen, dass wir problemlos aus der Geschichte lernen könnten. Erinnerungskulturelles Arbeiten ist nicht nur die Auseinandersetzung mit Geschichte, sondern vor allem auch mit dem Blick, den wir auf sie richten.
Toleranz und Menschenrechte, kulturelle und geschlechtliche Identität, Klimaschutz und Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit, Antirassismus und Antisemitismus, Vielfalt und Inklusion, Bildung und Teilhabe …
Was bewegt euch gerade? Welche Themen, Diskussionen und Herausforderungen beschäftigen euch oder die Menschen in eurem Umfeld?
Setzt die Themen, die euch gerade bewegen, in Beziehung zur Vergangenheit.
Gab es in der Geschichte eures Ortes bereits Diskussionen über Umweltverschmutzung?
Wie stand es vor hundert Jahren um die Bildungschancen für Jungen und Mädchen verschiedener Herkunft? Und spielten Transmenschen überhaupt eine Rolle?
Gab es Menschen mit Migrationshintergrund? Wo wurden in eurer Region Menschen diskriminiert und ausgegrenzt oder sogar verfolgt? Gab es Zeiten, in denen nicht alle in eurem Fußballverein mitmachen durften? Wie beeinflusste die Regierung während der SED-Diktatur in der DDR das Programm in eurem Jugendhaus?
Erinnerungskultur erfordert Engagement und Überlegung. All das leistet ihr mit euren Geschichtsprojekten. Wenn ihr euer Projekt plant, zusammen ein spannendes Thema findet, wenn ihr Fragen an die Geschichte stellt, nach Quellen sucht, sie gemeinsam interpretiert und euch überlegt, wie ihr eure Ergebnisse so präsentieren könnt, dass viele Menschen oder eine bestimmte Gruppe von Menschen damit erreicht werden, dann seid ihr schon ganz aktiv in der Erinnerungskultur tätig.
Mit eurer erinnerungskulturellen Arbeit trainiert ihr eure kritischen Denkfähigkeiten und entwickelt ein Verständnis für komplexe Zusammenhänge, Kontextualisierung, Multiperspektivität und Kontroversität. Vielleicht identifiziert ihr euch sogar mit einem Teil der Geschichte, weil ihr ihn besonders interessant findet oder er betroffen macht.
Ihr tragt dazu bei, dass Menschen unterschiedlicher Generationen und Herkünfte miteinander ins Gespräch kommen, Interesse aneinander entwickeln, sich aufeinander einlassen. Mit euren Forschungen und Ergebnispräsentationen beteiligt ihr euch an der Gesellschaft und stoßt durch euer Engagement Prozesse und Auseinandersetzungen zu gegenwärtigen Themen in eurer Region an. All das ist demokratisches Handeln im Alltag.
In der Beschäftigung mit lokaler Geschichte beteiligt ihr euch an der Geschichtsschreibung Sachsens und Deutschlands. Mit eurer Jugendgeschichtsarbeit gestaltet ihr Erinnerungskultur in eurer Region mit. Sie ist ein wertvoller Beitrag für unsere offene Gesellschaft, ihr bereichert und stärkt damit unsere Demokratie.